Meerrettich – ein nützlicher Neophyt!

Geschrieben von Almut Huber am 19. September 2023

Alternativmedizin | Ernährung | Gesundheitstipps

Meerrettich, eigentlich ein Neophyt seit der Antike, ist eine nützliche Pflanze in der Pflanzenheilkunde sowie in der Küche.

Meerrettich – die Namensgebung

Meerrettich (Armoracia rusticana) wird in Österreich und Bayern «Kren» genannt, heisst auf Französisch «Radis de cheval» und auf Englisch «Horseradish». Diese interessante Pflanze, mit der eher verwirrenden Namensgebung, kommt bei uns seit der Antike als Neophyt vor. «Neo» ist eher nicht mehr gerechtfertigt, da der Meerrettich bereits auf Wandgemälden im Popeji gefunden wurde.

Meerrettich – die Herkunft

Aber woher stammt der Name? Dazu gibt es verschiedene Thesen:

  • Die eine geht davon aus, dass es sich um einen grossen Rettich, also einen Mehr-Rettich handelt. Allerdings ist der Meerrettich mit dem normalen Rettich nur entfernt verwandt.
  • Eine andere Theorie deutet den Namen als Rettich, der über das Meer zu uns kam. Ursprünglich beheimatet war der Meerrettich als Wildform in der Ukraine und angrenzenden russischen Gebieten, als kultivierte Form in Moldawien.
  • Eine weitere Bedeutung als Mähr-Rettich, der mit einer Mähre, also einer alten Stute zu tun hat, wird als nicht plausibel angesehen.
  • Kren wiederum kommt aus dem slawischen Sprachraum, wo es Wurzel bedeutet [1]. Die englische und französische Namensgebung ist jedoch nicht schlüssig nachvollziehbar.

Meerrettich – die faszinierende Pflanze

Das Kreuzblütengewächs gedeiht kräftig und büschelförmig mit zahlreichen, lanzettförmigen Blättern bis 120 cm hoch und hat weisse, traubige und stark duftende Blütenstände. In der Küche und der Pflanzenheilkunde wird seine winterharte Wurzel genutzt. Die senkrechte Pfahlwurzel wächst in sandigem Schwemmland-Boden sogar bis zu 60cm tief. Daher existieren in Deutschland und Österreich grosse Anbaugebiete mit idealen Bedingungen. Es werden dort Erträge von bis zu 20 Tonnen pro Hektare erzielt, was in etwa 30’000 Stück Meerrettich-Stangen entspricht.

Vielfalt in Ihrem Gemüsegarten

Auch im eigenen Garten kann man die Pfahlwurzeln ausgraben, sobald die Blätter im Herbst welken und sie ausgewachsen sind. Dank ihrer Winterhärte bleiben sie auch bei Frost geniessbar. Sie verbreiten sich, werden sie nicht eingedämmt, sehr schnell und freudig über das ganze Beet.

Die weisse, faserige Wurzel wird durch eine gelbbraune äussere Schicht bedeckt. Ihr scharfer, stechender Geschmack und Geruch kommt bei Verletzung der Wurzel durch eine enzymatische Reaktion zu Stande und dient natürlicherweise als Frass-Schutz [1][2].

«Spicy» – die Verwendung in der Küche

Bevor Pfeffer bei uns erhältlich wurde, waren Meerrettich und Senf die einzigen scharfen Gewürze. Heute wird der frisch geriebene Meerrettich vor allem in Saucen zu Räucherfisch, Tafelspitz und Wiener Würstchen serviert. Bei uns kennen wir beispielsweise den Meerrettichschaum zu geräuchertem Lachs. Ausserdem wird er in der japanischen Küche als Ersatz für den echten, teuren Wasabi verwendet. Auch in Gläsern konserviert ist Meerrettich erhältlich. Wie wäre es, einmal vegane Spinatknödel mit Meerrettichsauce auszuprobieren? Übrigens hält sich ungewaschener Meerrettich, im Gemüsefach des Kühlschranks, lange frisch [1][3][4].

Die Kraft der Wurzel – die pharmazeutische Wirkung

In der Volksheilkunde hatte der Meerrettich schon im Mittelalter eine lange Anwendungsliste. Heute weiss man, dass Meerrettich reichlich Vitamin C enthält, ausserdem Vitamin B, Kalium, Calcium, Magnesium und Eisen. Wichtig ist aber vor allem sein ätherisches Öl, das beim Zerkleinern durch eine enzymatische Reaktion scharfes Senföl abspaltet [1].

Eine alte äusserliche Anwendung ist der Wickel. Vorsichtig angewendet kann man geriebenen Meerrettich als Zusatz in hautreizenden Breiwickeln gegen Rheuma verwenden. Dabei sollte der Brei die Haut nicht direkt berühren. Innerlich wirkt Senföl auf die Magen-Darm-Tätigkeit und Stoffwechsel anregend.

Eine weitere, sehr spannende Seite des Meerrettichs ist ausserdem seine antiseptische Wirkung, die gegen Bakterien, Viren und Pilze nachgewiesen ist. Deshalb empfiehlt sich eine Anwendung bei bakteriellen und viralen Infektionen [5].

Die pflanzliche Therapiemöglichkeit bei Husten erweist sich zusätzlich als echte Bereicherung mit Mehrwert. Ein Hustenlöser in Form eines Meerrettich-Elixiers ist als Fertigprodukt vorhanden. Es können aber auch frisch geschabte Wurzel eingenommen oder ein kalt angesetzter Sirup selber hergestellt werden.

Das Hustensirup Rezept Ihrer Stammapotheke [2]

Man übergiesst dünn geschnittene Wurzelscheiben mit flüssigem Honig, lässt den Ansatz bis zur Bildung von Flüssigkeit stehen und verwendet den entstandenen Saft. Der Sirup muss täglich frisch hergestellt werden.

Dosierung

Erwachsene: Maximal 3 mal täglich 1 Esslöffel
Kinder: Maximal 3 mal täglich 1 Teelöffel

Wissenschaftlich belegt

Die antimikrobielle Wirkung der Senföle ist wissenschaftlich belegt. Er wird in einer Kombination mit Kapuzinerkresse genutzt und wirkt gegen Atemwegs- sowie auch gegen Harnwegsinfekte [5]. Ein Fertigprodukt in Tablettenform ist hierzu in unserer Apotheke erhältlich: Wir beraten Sie gerne – probieren Sie es aus.

Vorsicht geboten ist bei Husten mit hohem Fieber und nicht besser werdenden Blasenentzündungen. Hier sollte ein Arztbesuch nicht umgangen werden. Nicht verwendet werden sollte Meerrettich ausserdem wegen seiner reizenden Wirkung bei Magengeschwüren.

Überzeugende Wirkung – Zulassung jedoch erschwert

In der Zulassung, als pflanzliches Arzneimittel, hat der Meerrettich allerdings noch einen etwas schweren Stand. Die Kommission E (wissenschaftliche Kommission für pflanzliche Arzneimittel in Deutschland) nennt zwar in ihrer Monographie das Indikationsgebiet als adjuvant bei Infektionen der ableitenden Harnwege [6]. Das Herbal Medicinal Product Committee (HMPC), welches auf europäischer Ebene für die Zulassung pflanzlicher Arzneimittel zuständig ist, hat dem Meerrettich bisher aber leider keine Monographie zuerkannt, was angesichts seiner Wirkung eigentlich schade ist. Oft fehlt es in der Phytotherapie an Studien und der genügend belegten Datenlage. Aber was nicht ist, kann ja jederzeit noch werden.

Wir wünschen Ihnen einen guten Herbst ohne Husten und Blasenentzündungen.

Ihr Apotheke Wyss Team

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Meerrettich (zuletzt eingesehen am 15.9.2023)

[2] Dal Cero M. Unsere Heilpflanzen, 1. Auflage. Bern: hep verlag ag; 2009

[3] https://britannica.com/plant/horseradish (zuletzt eingesehen am 15.9.2023)

[4] https://www.avogel.ch/de/pflanzenlexikon/merrettich.php (zuletzt eingesehen am 15.9.2023)

[5] Fintelmann V, Weiss R, Kuchta K. Lehrbuch Phytotherapie, 1. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Karl F. Haug Verlag; 2017

[6] Bundesinstiut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Monographie Armoraciae rusticanae radix / Meerrettich: Banz, Nr. 85, vom 05.05.1988

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