Sirup – aber bitte zuckerfrei!

Geschrieben von Barbara Göring am 9. März 2021

Ernährung | Gesundheitstipps

Wer hat’s erfunden?

Eine Dame, die ihr Gewicht optimieren möchte, wählt vielleicht ein «Coca-Cola Light» im Restaurant. Dabei denkt sie kaum daran, dass «Cola» und auch mancher Süssstoff von Apothekern erfunden wurden.

Ob «Cola light» zum Abnehmen taugt oder ob ein korpulenter Herr eine Diät machen kann, indem der Hustensirup durch eine zuckerfreie Version ersetzt wird, überlassen wir den betroffenen Personen. Gehen wir aber in die Apotheke und schauen, was E 950 sowie ähnliche Stoffe in Medikamenten zu suchen haben.

Süsse Energie – bitteres Gift

Wir alle wurden wohl schon mit Süssigkeiten belohnt oder gönnen uns diese nach einem anstrengenden Tag. Die Natur hat uns mit einer Vorliebe für süsse Esswaren ausgestattet.

Der Grund ist genial: süsse Nahrungsmittel enthalten meistens eine hohe Energiedichte. Dies war in der Menschheitsgeschichte fast immer überlebenswichtig. Die Geschmacksrichtung “bitter” ist hingegen bei giftigen Substanzen häufig. Dies erklärt unsere natürliche Abneigung gegen stark bitteren Geschmack.

Zucker als Arznei

Im Mittelalter galt der rare Zucker sogar als Arzneimittel um Leib und Seele zu stärken. Arzneistoffe hingegen haben oft einen bitteren Geschmack. So verwundert es nicht, dass die bitteren Pillen im 13. Jahrhundert mit einem Überzug aus Zucker versehen wurden, wobei Apotheker und Zuckerbäcker in Konkurrenz standen!

Auch Sirup, also konzentrierte Zuckerlösung, ist nebst Alkohol eine uralte Methode, Pflanzensäfte haltbar zu machen. Traditionell werden deshalb Mittel gegen Husten oder Verdauungsbeschwerden als Sirup verabreicht. Gerade für Kinder ist diese Arzneiform meist sehr angenehm.

Sirup – aber bitte zuckerfrei!

In der heutigen Zeit hat Zucker seinen guten Ruf weitgehend verloren.

Karies, Übergewicht und Diabetes werden ihm angelastet und manchmal wird er in den Medien sogar als Suchtmittel verteufelt. So erhielt er mit der Entdeckung des Saccharins 1878 nach und nach Konkurrenz von verschiedenen synthetischen Süssstoffen. Ein Sirup nach dem andern wurde und wird in der Apotheke durch künstlich gesüsste, dickflüssige Lösungen ersetzt.

Eine süsse Familie

In der Schweiz sind vom BAG neun verschiedene synthetische Süssstoffe als unbedenklich zugelassen.

Sie tragen E-Nummern und werden auf den Packungen von Nahrungs- Genuss und Arzneimitteln entsprechend deklariert. („E“ steht übrigens für „edible“ = essbar und für Europa, denn diese Stoffe haben eine europäische Zulassung.)

  • Acesulfam-K
  • Aspartam
  • Aspartam-Acesulfam-Salz
  • Cyclamat
  • Neohesperidin DC
  • Saccharin
  • Sucralose
  • Stevia
  • Thaumatin

Drei Süssstoff-Familienmitglieder konkret präsentiert

Beim Experimentieren mit Sulfonamiden* (eine Arzneistoff-Gruppe) passierte dem Chemiker Constantin Fahlberg 1878 ein Missgeschick. Ihm kochte etwas über und er verbrannte sich die Hand. Obwohl man als Chemiker das was man kocht nicht in den Mund nehmen sollte, leckte er anscheinend seinen verbrannten Finger zur Kühlung ab. Der süsse Geschmack, den er dabei bemerkte, führte zur Entdeckung von Saccharin.

Diese Substanz ist 300- bis 700-mal süsser als Zucker und bleibt bei Erhitzung stabil. Sie verursacht keine Karies, ist sozusagen kalorienfrei und für Diabetiker geeignet. Fast ideal als Süssstoff, nur in hohen Dosen bemerkt man einen unangenehmen Nachgeschmack.

Um 1900 wurde allerdings in den meisten Ländern zum Schutz der Zuckerindustrie Saccharin verboten. In der Schweiz blieb es erlaubt und es kam zu regem Saccharin-Schmuggel.

Saccharin in der Apotheke

Finden kann man Saccharin in Schmerzmitteln, Halsweh-Lutschtabletten, Granulat gegen Husten und vielen weiteren Medikamenten. In einigen Apotheken hat es auch noch seinen Platz als Rezeptur-Substanz.

*In der Gruppe der Sulfonamide finden wir antibakterielle Substanzen aber auch Wirkstoffe gegen Diabetes.

Etwa 60 Jahre nach dem Saccharin kam es zum nächsten Zufall: Michael Sveda war ein Pharmakologe, der im Labor rauchte! Seine Zigarette legte er während der Entwicklung eines Schmerzmittels auf dem Labortisch ab und als er sie wieder in den Mund nahm, schmeckte sie süss. Offenbar war Herr Sveda ein Glückspilz. Statt sich zu vergiften oder das Labor in die Luft zu sprengen, machte er eine neue Entdeckung: Cyclamat.

Diese Substanz hat eine geringere Süsskraft als Saccharin. Aber für Diabetiker ist Cyclamat genauso geeignet, schadet den Zähnen nicht und enthält kaum Kalorien. Optimal ist die Kombination mit Saccharin, da beide Substanzen einen Nebengeschmack haben, der bei der Mischung nicht mehr spürbar ist.

Kann Cyclamat schädlich sein?

Immer wieder wurde Cyclamat mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht. Dies hat mit ersten Tierversuchen bei Ratten zu tun. Die Nager wurden mit extrem hohen Dosen des Süssstoffs gefüttert, dadurch wurden sie tatsächlich krank. Folgeuntersuchungen in vielen Ländern kommen allerdings zum Schluss, dass Cyclamat in den zugelassenen Mengen für Menschen unbedenklich ist.

Die Einnahme vieler Arzneimittel wird mit Hilfe von Cyclamat angenehmer, auch pflanzliche Medikamente gehören dazu. Wir beraten Sie gerne.

Aspartam – gleiches Einsatzgebiet wie Saccharin und Cyclamat

Wir erwähnen, der Vollständigkeit halber, auch kurz Aspartam. Dieser Süssstoff hat einen ähnlichen Energiegehalt wie Zucker. Da man 200 mal weniger davon für den gleich süssen Geschmack einsetzten muss, kann man auch Aspartam als sehr kalorienarm einstufen.

Die synthetischen Süssstoffe bekommen bei uns seit einiger Zeit Konkurrenz von den  Zuckeraustauschstoffen, die als natürlich wahrgenommen werden. Für Diabetiker geeignet aber nicht kalorienfrei. Einer der Zuckeraustausch-Familie macht momentan Furore. Wie bei jedem Star war ihm der „bürgerliche Name“ nicht genug: Birkenzucker tönt natürlich cooler als … E967, C5H12O5 oder Xylit!

Xylit – der Birkenzucker

Der Entdecker des Zuckeralkohols Xylit war immerhin Nobelpreisträger – doch nicht nur das macht die Substanz interessant. Besonders spannend ist, dass Xylit sogar hilft Karies zu vermeiden. Die schädliche Mundflora wird durch einen Xylit-haltigen Kaugummi oder eine entsprechende Zahnspülung sogar vermindert. Kein Wunder, dass wir in der Apotheke dieses Süssungsmittel in Gurgellösungen, -Sprays und Lutschtabletten finden.

Für Diabetiker hat Xylit gewisse Vorteile: der Blutzuckerspiegel steigt nur langsam, Kalorien liefert Xylit ebenfalls, so wie andere Zuckeralkohole.

Birkenzucker – die Herstellung

Die Produktion von Xylit ist hingegen «weniger spektakulär». Aus Birken- und weiteren Laubholzschnitzeln und landwirtschaftlichen Reststoffen wie Maiskolben, Stroh und Getreide wird Xylose bei Temperaturen von bis 200 °C und unter Einsatz von Schwefelsäure oder Natronlauge freigesetzt.

Nur die Dosis macht das Gift»

Honig? Zucker? Süssungsmittel? Die Titel-Aussage von Paracelsus gilt auch in diesem Fall. Und generell ist leidenschaftlicher Genuss mit Mass meistens auch gute Medizin!

Geniessen Sie mit Mass und bleiben Sie gesund – Ihre Gesundheit liegt uns am Herzen.

Ihr Apotheke Wyss Team

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