Die faszinierende Welt der Pilze

Geschrieben von Gabriella Pagano am 7. September 2021

Alternativmedizin | Ernährung | Gesundheitstipps

Die Welt der Pilze ist faszinierend und unglaublich vielfältig. Es gibt geschätzt über 5 Millionen verschiedene Pilzarten: Riesig oder mikroskopisch klein, schädlich oder nützlich, giftig oder ungiftig.

Kindheitserinnerungen und bleibende Faszination

Wenn das Wetter im Sommer und Frühherbst feucht und warm ist, streiche ich seit meiner Kindheit gern stundenlang im Wald herum, um Pilze zu sammeln oder auch nur zu bestaunen. Von diesen Lebewesen, welche eine eigene Art bilden und weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren gehören, geht eine grosse Faszination aus.

Pilze – geheimnisvolle Gebilde

Wenn man von Pilzen spricht, stellt man sich in der Regel den sogenannten Fruchtkörper vor, zum Beispiel einen hübschen Steinpilz oder einen Fliegenpilz. Diese Fruchtkörper wachsen von Frühsommer bis Spätherbst aus dem Boden und dienen der Fortpflanzung des Pilzes. Am Fruchtkörper, meist an den Lamellen des Hutes, liegen Millionen von Sporen. Sporen sind wie feiner Staub, der ähnlich den Samen der Pflanzen verweht wird und zu Boden fällt, um zu keimen.

Der eigentliche Pilz ist aber ein viel geheimnisvolleres Gebilde als der sichtbare Fruchtkörper: es ist das Lebewesen, das jahrelang unter der Erde lebt und gedeiht.

Pilze – die ersten Erdbewohner

Pilze waren vor 1 Milliarde Jahren die ersten Lebewesen, welche unsere Erde besiedelten. Erst dank ihnen konnten überhaupt Pflanzen und später Tiere und Menschen entstehen.

Pilze sind regelrechte Überlebenskünstler und extrem anpassungsfähig. Selbst in komplett lebensfeindlicher Umgebung, wie zum Beispiel nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, in stark radioaktivem Gebiet, oder im ewigen Eis der Pole finden sich Pilze, die dort ihren Lebensraum gefunden haben und sich äusserst wohl fühlen.

Pilze – Müllarbeiter mit grossem Mehrwert

Viele Pilze arbeiten als Müllabfuhr der Natur, sie sind Zersetzer von totem organischen Material. Im Wald fressen sie das Totholz (nur Pilze können das Lignin des Holzes abbauen). Sie setzen die wertvollen Nährstoffe daraus wieder frei, damit sie für andere Lebewesen erneut zur Verfügung stehen. Ohne Pilze würde nichts verrotten und der Wald wäre meterhoch voll Holz und totem Material.

Im Waldboden und unter der Erde bilden Pilze unvorstellbar grosse Netzwerke, welche auch die Wurzeln der Bäume mit feinen Pilzfäden umschliessen.

Pilze – Ötzi vertraute ihrer Heilkraft bereits vor 5000 Jahren

Ötzi, der Mann aus dem Eis, Steinzeitmensch aus dem Tirol, hatte in seinem Beutel neben Proviant auch einen geheimnisvollen, sogfältig verpackten Gegenstand dabei. Lange rätselten die Wissenschaftler über dieses Päckchen. Es stellte sich heraus, dass im Päckchen zwei Birkenporlinge waren. Ötzi hatte also Pilze dabei.

Aber warum hat er die Pilze wie einen Talisman sorgsam behütet? Sie waren offensichtlich nicht zum Essen gedacht. Der Birkenporling hat eine entzündungshemmende, antibakterielle und antivirale Wirkung und stärkt das Immunsystem. Offenbar war die Heilkraft dieses Pilzes schon vor 5000 Jahren bekannt. Dies ist die erste nachgewiesene Verwendung von Pilzen als Heilmittel.

Pilze – wertvolles Wissen erhalten

In unserer Kultur ist viel Wissen über Heilpilze verloren gegangen. Bestimmt wurden in früherer Zeit Pilze zu medizinischen, religiösen und spirituellen Zwecken genutzt. Es ranken sich auch viele Mythen und Aberglauben um die Welt der Pilze. Was nicht sonderlich verwundert, denn wenn ich im Wald plötzlich einen wunderschönen Hexenring mit Pilzen erblicke, verdrängt auch mein naturwissenschaftlich geprägter Verstand die Tatsache, dass das Pilzmyzel einfach ein paar Fruchtkörper hervorgebracht hat. Auch das grüne Leuchten des Hallimasch-Myzels in der Nacht wirkt irgendwie unheimlich.

Gewisse Pilze enthalten psychoaktive Wirkstoffe (v.a. Psilocybin) und wurden schon in der Antike von vielen Völkern als Rauschmittel genutzt.

In der ostasiatischen Kultur haben Heilpilze eine jahrhundertelange Tradition und werden auch heute noch intensiv genutzt. In der traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist die Kraft von Shiitake, Reishi und anderen Pilzen seit der Ming-Dynastie bekannt und heute sogar mit wissenschaftlichen Studien belegt.

Pilze – als lebensrettende Kraft (Penicillin)

Der Rest ist Geschichte: Fleming ärgerte sich anfänglich über die Verunreinigung durch den Schimmelpilz, entdeckte aber schnell dessen Potential, weil er das Wachstums der Bakterien auf seiner Petrischale hemmte. Kurz darauf wurde aus dem Schimmelpilz das Penicillin entwickelt.

Das Penicillin veränderte die Geschichte der Menschheit: Einfache bakterielle Infekte rafften viele Menschenleben dahin und die Population dezimierte sich ständig. Das änderte sich schnell, denn durch die lebensrettende Kraft des Pilzes konnte sich die Menschheit bis zum heutigen Zeitpunkt vervielfachen.

Pilze – Substanz-Lieferanten für Arzneimittel

Viele wichtige Medikamente werden aus Bestandteilen von Pilzen hergestellt. So entstanden unter anderem Cholesterinsenker, Medikamente gegen Abstossung von transplantieren Organen und Antibiotika. Die Forscher suchen sich aus dem Zauberkasten der Pilzwelt immer neue Substanzen aus und versuchen neue Medikamente (beispielsweise gegen Krebs) daraus zu entwickeln.

Pilze – Chancen für nachhaltige Entwicklungen

Nicht nur in der Medizin wird der Nutzen von Pilzen für den Menschen und die Umwelt erforscht. So gibt es Bestrebungen, mithilfe von Pilzen Abfälle abzubauen, Boden fruchtbar zu machen und Giftstoffe zu eliminieren. Pilze dienen als vorzügliche Eiweissquelle und Lebensmitteltechnologen können daraus Nahrungsmittel herstellen, welche Fleisch ersetzen.

Pilze – deutlich mehr Freund als Feind

Eine weitere erstaunliche Tatsache ist, dass bei der riesigen Vielfalt an Pilzen nur ein winzig kleiner Bruchteil für den Menschen pathogen (krankheitserregend) oder gar toxisch (tödlich) ist. Offenbar ist die menschliche Körpertemperatur für viele Pilze nicht ideal. Das ist unser Glück, denn Pilzerkrankungen sind meist viel schwieriger zu behandeln als Bakterienerkrankungen.

Nur wenn das Immunsystem sehr stark geschwächt ist, oder eine schwere Immunkrankheit vorliegt, kann eine systemische Pilzinfektion zur Gefahr werden. Pilzinfekte der Haut und Schleimhaut, wie Fusspilz oder Soor kommen nur vor, wenn die natürliche Hautbarriere geschädigt ist. Viele Pilze besiedeln unsere Haut, Darm und Schleimhaut als natürliche Flora und schützen uns sogar vor Krankheiten. Pilze leben gewissermassen auch mit uns in Symbiose, genauso wie mit dem Wald.

Pilze – als wunderbare Delikatessen

Nicht zuletzt schenken Pilze dem Menschen auch viel Genuss: Wir erfreuen uns an Hefepilzen, welche unser Essen bereichern (Brot, Bier, Wein etc.), Edelschimmel, der uns leckeren Käse beschert und natürlich über Steinpilze, Morcheln oder Champignons, die der Pilz uns als Fruchtkörper auf den Teller zaubert.

Pilze – faszinierendes Suchen und Entdecken

Wir wünschen Ihnen viel Spass beim nächsten Waldspaziergang: Staunen, entdecken, erholen und geniessen, Pilze sammeln mit Bedacht oder schlichtweg «en Guete» bei einem leckeren Steinpilz-Risotto.

Das Team der Apotheke Wyss

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